Menschenrechtsverletzungen in Griechenland durch Troika-Maßnahmen

Die Troika besteht aus den Vertretern des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Kommission. Zum ersten Mal hat sie vom 2. bis 4. September Verhandlungen mit der griechischen Regierung außerhalb des Landes geführt. Ort: Paris, genauer gesagt der Sitz der höchst liberalen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das Schloss La Muette.

Man könnte glauben, dass die Verhandlungsführer sich vor den Protesten des griechischen Volkes fürchten, das seit 2010 einem unerhörten Sparkurs  unterzogen ist und um seine Würde kämpft, dem Beispiel der 595 Putzfrauen des Finanzministeriums folgend, die ungerechtfertigt gekündigt wurden und zum Symbol des Widerstands gegen die Troika geworden sind.

Die Verhandlungen, die gerade stattgefunden haben, während auch die Pariser Regierung die Austerität verstärkt, sind in den Augen der Troika „eine Routine-Bewertung“ der laufenden Reformen, die „bestenfalls“ die allerletzte Darlehenstranche der Europäischen Union in Höhe von 2 Milliarden Euro, vorausgesetzt, dass die Regierung neue Austeritätsmaßnahmen umsetzen wird.(1)

Aber der seit 4 Jahren auferlegten Sparkurs, der (offiziell) die unerträglichen Staatsschulden reduzieren soll, erhöht noch deren Last und stürzt die GriechInnen immer tiefer ins Elend. Diese unerhört brutalen Maßnahmen wurden dem Land im Austausch gegen die von der Troika gewährten Darlehen aufgezwungen. Seit 2010 hat jene dem Land schon neue Schulden in Höhe von 240 Milliarden Euro aufgebürdet, die Zinsen nicht mit einberechnet, welche das Volk zurückzahlen müssen wird, was unzumutbare finanzielle Opfer fordern wird.

Auf Befehl der Troika hat sich die griechische Regierung dazu verpflichtet, 6 500 StaatsbeamtInnen bis Ende des Jahres 2014 zu entlassen, wobei schon zirka 20 000 StaatsarbeiterInnen schon über die Abschaffung oder den Zusammenschluss öffentlicher Einrichtungen arbeitslos gemacht worden sind. Und damit sind wir noch nicht am Ende. Laut der griechischen Tageszeitung Kathimerini sollen noch 600 weitere Maßnahmen verabschiedet werden. Eine könnte bald den Unternehmern das Recht gewähren, unbegründete Kündigungen vorzunehmen.

Eine andere von der Troika gewünschte Maßnahme zur Unterstützung der griechischen Banken, die unter der Last von notleidenden Krediten in Höhe von 70 Milliarden leiden, soll jenen gestatten, Immobilien zu beschlagnahmen, falls Kredite nicht zurückbezahlt werden. Inzwischen steigen ungeachtet der 2012 inszenierten Maskerade des „Entlastungsprogramms“ die Staatschulden weiter. Heute belaufen sie sich auf 175,1% des BIP – das sind 318 Milliarden Euro (2009 waren es vor dem Eingriff der Troika nur 129,7%). Die von den Gläubigern der willigen griechischen Regierung diktierte Politik führt zur Verwüstung der ganzen Gesellschaft, zur Massenarbeitslosigkeit, die bei 37% der Erwerbspersonen stockt (bei den jungen Menschen ist sie seit 2008 um das Dreifache gestiegen) und zu einer tiefen Rezession. Das Pariser Treffen wird – wie alle früheren Missionen der Troika – die Lebensverhältnisse der Bevölkerung keineswegs verbessern.

Die einzigen Nutznießer eines solchen Krisenmanagements sind die multinationalen und nationalen Konzerne, die von den Privatisierungen und der Lohnkürzungen profitieren, und einige in ihrem Dienste stehende Oligarchen. Die dank den Privatisierungen erzielten Einnahmen (Telekommunikationsnetze-OTE, Sportwetten-Agentur-OPAP, Staatslotterien, Wasser- und Gasgesellschaft, Wassergesellschaft von Thessaloniki, Hafenanlagen von Piräus und Thessaloniki, regionale Flughäfen usw.) werden sofort für die Rückzahlung der Schulden ausgegeben. Ebenfalls dient jedes neue Darlehen der Troika großteils zur Tilgung früherer Schulden.

Der CADTM verurteilt die Einmischung der Troika, welche die Souveränität des griechischen Volkes verletzt und verlangt die schlichte Streichung aller verabscheuungswürdigen, illegalen und illegitimen Schulden Griechenlands. Zu lange schon muss das griechische Volk jene durch die EU und denIWF auferlegten Schulden zu seiner eigenen Verknechtung zurückzahlen. Für viele prekarisierte, hungernde, um das nackte Überleben ringende, am Rande des Selbstmordes lebenden oder sich auf dem Weg ins Exil befindenden GriechInenn sind die Schäden nicht mehr wieder gut zu machen.

Mehrere 2013 und 2014 veröffentlichte offizielle Berichte, darunter jener des Menschenrechtskommissars des Europarates  |1|, des unabhängigen UNO-Experten für die Auswirkungen der Auslandsverschuldung auf Menschenrechte oder auch die Rechtansicht des Juraprofessors Andreas Fischer-Lescano im Auftrag der Wiener Arbeitskammer, zeigen eingehend, dass die Troika eine ganze Reihe im Völkerrecht gewährter Menschenrechte verletzt hat. Es wird Zeit, die Troika vor Gericht zu stellen und Wiedergutmachungen für die menschlichen und ökologischen Schäden zu fordern. Zum Schluss verlangt der CADTM, dass die Kosten dieses prunkvollen, von den SteuerzahlerInnen finanzierten Treffens öffentlich bekannt gegeben werden.

Noten

|1| Bericht« Safegarding human rights in time of economic crises »,vom 3. Dezember 2013

|2|  Bericht « Human Rights in Times of Austerity Policy », vom 17. Februar 2014

(1) Zur Unterstützung jener 595 Frauen fand am 20. September ein internationaler Aktionstag statt.

Übersetzt von Michèle Mialane, in Tlaxcala erschienen > http://www.tlaxcala-int.org/article.asp?reference=13432

> http://cadtm.org/Au-moment-ou-la-Troika-et-la-Grece